Dieter Wildauer: Fundament für die Zukunft gelegt
Nach fast 10 Jahren als Leiter der Hypo Vorarlberg-Niederlassung in St.Gallen und Regionaldirektor Schweiz tritt Dieter Wildauer in den Ruhestand und übergibt die Verantwortung an seinen Nachfolger Walter Ernst. Im Gespräch äussert er sich über sein Verhältnis zur Schweiz, die Schwerpunkte seiner Arbeit und die Pläne für die Zeit in der Pension.
Dieter Wildauer, 2012 haben Sie die Verantwortung für die Niederlassung der Hypo Vorarlberg in St.Gallen übernommen. Wie kam es dazu? Wollten Sie selbst in die Schweiz?
Der damalige CEO der Hypo Vorarlberg, Michael Grahammer, hat mich angerufen und mir mitgeteilt, dass wir mal reden müssten. Offenbar haben sich er und der Vertriebsleiter Firmenkunden überlegt, wer intern überhaupt in Frage käme. Und beide haben offenbar unabhängig voneinander mich sozusagen als erste Wahl genommen. Ich musste mich dann sehr kurzfristig entscheiden.
Wie war es für Sie, als Vorarlberger ins Bankenland Schweiz zu kommen und hier tätig zu werden? Hatten Sie vorher schon einen Bezug zur Schweiz?
Prinzipiell läuft ja das Geschäft nicht anders als in Österreich. Allerdings gibt es selbstverständlich viele Schweizer Eigenheiten, die man dann – möglichst rasch – kennen lernen sollte. Nicht zu vergessen eben auch das «Wording», das uns immer wieder auch gegenseitig zum Schmunzeln bringt. Als Lustenauer war ich immer schon sehr auf die Schweiz bezogen. In meiner Kindheit bin ich zum Einkaufen mit in die «Migros» oder das «Modern» (heute «Manor») gegangen. Damals liefen die Einkaufsströme noch umgekehrt. Später dann waren mein Bike- oder Laufgebiet die Schweizer Berge vis-à-vis von Lustenau. Meine Hausstrecke beim Mountainbiken ist ja Lustenau – St. Anton (AI). Hier fühle ich mich auch zu Hause, egal auf welcher Seite des Rheins. Im Winter gehen wir fast immer zum Skitouren in die Schweiz, meistens Richtung St. Antönien, Splügen, Julierpass. Gerne bin ich an einem schönen Sommerabend dann auch im Garten der «Habsburg» in Widnau, gerade eben diese Woche haben wir das genossen.
Sie haben nun jahrelang als Grenzgänger hier gearbeitet, aber weiterhin in Vorarlberg gelebt. Wie hat sich Ihr persönliches Verhältnis zur Schweiz in dieser Zeit entwickelt?
Ich bin sicherlich ein noch grösserer Fan der Schweiz geworden, da ich in vielen Dingen die Anliegen der Schweiz besser verstehen konnte. Auch wenn ich grundsätzlich ein Befürworter der EU bin, darf man auch EU-kritisch sein. Hier ist für mich die Schweiz in vielen Dingen ein grosses Vorbild: Mir gefallen besonders die politische Diskussionskultur, der schlanke Staat, die pragmatischen Lösungen wie etwa bei der Covid-Unterstützung der Wirtschaft, das Verhältnis der Steuerbehörden zum Bürger und auch die Verantwortung jedes Einzelnen bei den Abstimmungen. Ich werde sicherlich auch in Zukunft ein «kleiner Botschafter» der Schweiz sein.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung, die die Hypo Vorarlberg in der Schweiz in diesen rund 10 Jahren genommen hat?
Ich habe mich auf Weniges konzentriert und das zu 100 Prozent durchgezogen. Damit meine ich vor allem die Konzentration auf Immobilienfinanzierungen zwischen 3 und 25 Millionen Franken in der gesamten Deutschschweiz. Hier konnten wir uns gegenüber anderen Regionalbanken und auch den Grossbanken abgrenzen und haben sozusagen das Fundament für die Zukunft gelegt. Ich denke, dass mein Nachfolger Walter Ernst darauf aufbauen kann und den notwendigen finanziellen Spielraum hat, auch neue Dinge wie etwa eine ganzheitliche und grenzüberschreitende Beratung in der ganzen DACH-Region zu entwickeln.
Wie wird aus Ihrer Sicht die Hypo Vorarlberg heute im Schweizer Markt wahrgenommen?
Ich denke, dass wir als Hypothekenbank wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung ist möglicherweise bei Kundinnen und Kunden mit ausschliesslichem Schweiz-Bezug anders als bei Konzernkunden, die über uns auch in der Schweiz geschäftlich tätig sind. Die Ausrichtung unseres Hauses auf die DACH-Region ist ja eigentlich nichts Neues, die Umsetzung hapert dann aber oft im Detail. Hier hat Walter Ernst schon einiges angestossen, das uns in Zukunft auch ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal bringt.
Was kann eine Bank wie die Hypo Vorarlberg den Kundinnen und Kunden in der Schweiz denn für einen Mehrwert bieten, wo es doch schon so viele Schweizer Banken gibt?
Wir sind auf jeden Fall eine sehr gute Alternative bei grösseren Immobilienprojekten und bei Kundinnen und Kunden, die grenzüberschreitende Themen in der DACH-Region haben. Ebenso im Veranlagungsbereich als Diversifikation zu einer klassischen Schweizer Bank.
Wie haben Sie den Bankenplatz St.Gallen und die Schweizer Kundinnen und Kunden erlebt – vielleicht auch im Vergleich zu jenen in Vorarlberg?
In Vorarlberg muss man unser Haus niemandem vorstellen und man hat meist per se einen hohen Vertrauensvorschuss. Dies ist hier in der Schweiz – für mich auch verständlich – eben nicht so und man kann sich ausschliesslich über den Kundennutzen definieren. Das Vertrauen muss man sich Schritt für Schritt erarbeiten und auch ständig darauf achten, dass man dieses nicht verliert. Ein Image aufzubauen braucht eben lange, verlieren kann man es aber (leider) sehr schnell. Darauf muss man aus meiner Sicht sehr achten.
Was war das Motivierendste für Sie an Ihrer Aufgabe bei der Hypo Vorarlberg in St.Gallen?
Ich war zu diesem Zeitpunkt seit 15 Jahren Leiter der Filiale in Lustenau. Die Filiale hatte ich im Griff, wir hatten bei den Kunden ein sehr gutes Image und die Zahlen haben gestimmt. Nach 15 Jahren hat mich dann die neue Aufgabe jedoch schon sehr gereizt. Zudem war klar, dass ich als Niederlassungsleiter der Zweigniederlassung St. Gallen mehr unternehmerische Kompetenzen bekomme, da wir ja wie eine Bank in der Bank sind. Somit habe ich dann mit knapp 51 Jahren die neue Herausforderung nochmals angenommen und blicke heute auf eine sehr spannende, intensive und erfolgreiche Zeit zurück. Aber eben, dass man später erfolgreich zurückblicken kann, dessen ist man sich am Anfang natürlich auch nicht sicher.
Wie werden Sie Ihren Ruhestand gestalten und wird die Schweiz dabei in Ihrem „Radius“ von Aktivitäten bleiben?
Ich bin der Schweiz – wie bereits erwähnt – nochmals viel nähergekommen. Zuerst werde ich viele Themen, die ich bei meinen Immobilien aufgeschoben habe, angehen und hoffentlich umsetzen können. Dann werden meine beiden Kinder demnächst anfangen zu bauen und ich werde sie auch dort unterstützen. Zudem habe ich drei Enkel, für die ich auch etwas mehr Zeit haben werde. Natürlich möchte ich meine Hobbies – Skitouren, Bergsteigen und Mountainbiken – wieder mehr pflegen und ich hoffe, dass ich noch den einen oder anderen Alpengipfel wie die Dufourspitze oder den Mont Blanc erfolgreich besteigen kann. Darüber hinaus habe ich noch ein paar Visionen im Kopf. Das eine und andere davon werde ich vielleicht dann wirklich mal ausprobieren.
Ein Berufsleben lang bei der Hypo Vorarlberg
Dieter Wildauer, der zurücktretende Leiter der Niederlassung St.Gallen, hat sein ganzes Berufsleben bei der Hypo Vorarlberg verbracht. Im März 1980 startete er in der Filiale Lustenau, wo er sich ab 1984 auf das Firmenkundengeschäft spezialisierte und 1988 zum Gruppenleiter ernannt wurde. 1990 schloss er mit ausgezeichnetem Erfolg die «Fachausbildung 3» ab. Ab 1998 leitete Dieter Wildauer die Filiale Lustenau, seit Januar 2012 die Niederlassung St.Gallen, die mit rund 25 Mitarbeitenden 2020 eine Bilanzsumme von rund 1 Milliarde Schweizer Franken erreichte.
Weitere Informationen
Medienmitteilung vom 23. Juli 2021 – Dieter Wildauer tritt in den Ruhestand